Noch am 3. Juli 1925 wurde in der „Oeffentlichen Stadtverordnetenversammlung“ teilweise kontrovers über den „Ausbau des Freibades unter der Burg“ beraten. Es ging in erster Linie um die Finanzierung des neuen Bades, für dessen Einrichtung nur 30.000 Mark genehmigt worden waren und von denen möglichst noch etwas eingespart werden sollte. Dabei war die Anlage schon „aufs einfachste projektiert, und die Bestellungen bis zu dem genannten Betrag ausgegeben“ und „was darüber war, musste eben unausgeführt bleiben; dazu gehören der Sprungturm, der 2. Pavillon am Eingang und 20 Kabinen“. Stadtbaurat Dr. Heckner bemerkte, dass man mit der genehmigten Summe nichts Vollkommenes schaffen könne, obwohl die Erdarbeiten von Arbeitslosen besorgt würden. Weiterhin stellte er fest „ihm sei gesagt worden: hier hast du 30 000 Mark und nun baue ein Bad. Er sei aber nicht gefragt worden, was ein solches Bad koste …Man soll jetzt ruhig das Bad eröffnen und dann später das Nötige noch ausführen.“
In der weiteren Diskussion gab es u.a. gegenteilige Meinungen über den Bau des Kaffeehauses und den Steinbelag, die zu viel gekostet hätten. Heckner verteidigte „sein“ Kaffeehaus, in dem ein Raum für einen Wächter vorgesehen war: „… Ein Wächter sei bei der Zerstörungswut mancher Kreise der Bevölkerung unbedingt nötig. Die Baulichkeiten müssten doch einigermaßen in die Landschaft passen. Buden, wie der Inhaber des Gondelbetriebes eine habe, baue er nicht! …“
In einer teils heftigen Debatte wurde dann darüber gestritten, ob das Freibad nun schon eröffnet werden sollte oder erst ein Jahr später, wenn es „richtig fertig“ sei. Im Ergebnis der Diskussion wurde die Magistratsvorlage – zusätzliche Bereitstellung von 10 000 Mark – abgelehnt und der Vorschlag des Finanzausschusses – Ablehnung der Vorlage und nur Genehmigung von Mitteln für die Vertiefung des Bades – angenommen.
Obwohl noch unvollkommen und etwas unfertig wirkend, wurde das städtische Freibad unter der Burg am Sonnabend, den 11. Juli 1925 für die Bevölkerung freigegeben. Über die eigentliche Eröffnung des Bades gab es – sicher aus oben genannten Gründen – nur eine kleine Notiz am 14. Juli 1925 im „Anzeiger“: „Das städtische Freibad im Einetal wurde am Sonnabendnachmittag seiner Bestimmung übergeben. Der Bade betrieb setzte gleich kräftig ein. Auch am Sonntag, besonders am Nachmittag, erfreute sich das Bad lebhaften Zuspruchs.“
Einen Tag später berichtete der „Anzeiger“: „Das städtische Bad „Unter der alten Burg“ erfreut sich eines ständig steigenden Zuspruchs. Während am ersten Tag, wohl wegen des kühlen Wetters, der Zulauf noch gering war, sind am Sonntag bereits über 400 Karten verkauft worden. Gestern, am Montag, wo das Wetter günstiger war, sind über 500 Eintrittskarten umgesetzt worden. Sämtliche Besucher des Bades sind einig in dem Lobe über das Bad. Das Wasser ist sauber, hat wegen der Quelle, die beim Einrichten des Bades angeschlagen worden ist, ständigen Zufluss und Ablauf und erquickt alle Badenden.“
Von der großen Resonanz, welches das neue Freibad von Anfang an bei der Bevölkerung hatte, war im „Anzeiger“ während der Badesaison 1925 in mehreren Beiträgen zu lesen. So wurde z.B. am 17.Juli 1925 gemeldet, dass bei „tropischer Hitze“ „gestern 1374 Eintrittskarten im Freibade verkauft“ und „trotz des billigen Preises“ eine Einnahme von 230,80 Mark erzielt wurden, die „bei weitem die täglichen Ausgaben“ überstieg. Am 18. Juli berichtete der „Anzeiger“ ausführlich über die neue Badeanstalt, einschließlich erster Mitteilungen von Augenzeugen: „Die Besucherzahl des städtischen Freibades hat sich am gestrigen Tage weiter gesteigert. Es wurden 1904 Eintrittskarten verkauft. Die Tageseinnahme betrug 325,20 Mark. Mehr Menschen als – Wasser! Über den gestrigen Andrang zum städtischen Freibade wird uns von einem „Augenzeugen“ geschrieben: Auch die größte Schaustellung, die in Aschersleben jemals gezeigt wurde, hat nicht so viele Menschen auf die Beine gebracht, wie unser neues Freibad. Schon am Mittwoch war der Andrang außerordentlich stark, gestern aber spottete er aller Beschreibung. Noch nie sah die Straße Unter der alten Burg wohl eine solche Menschenmenge als gestern Nachmittag und Abend. … Mit Kind und Kegel kam man, zu Fuß, zu Rad und mit Kinderwagen, glücklicherweise aber nicht mit Motorrädern und Autos. Tausende waren versammelt um zu schauen und zu – Baden. Es waren wirklich mehr Menschen da, als das Wasser aufnehmen kann!! Für eine solche Menge Badelustiger ist das Bad entschieden zu klein. Das kribbelte und schwamm in der grünen Flut in einer beängstigenden Fülle. Nur gut, dass „Zusammenstöße“ im Wasser nicht gefährlich sind, sondern meist nur fröhliches Gelächter auslösen. … Man schreibt uns: In dem neuen Freibad im Einetal ist herrliches Baden. Aber die Aus- und Ankleideverhältnisse sind noch nicht auf der Höhe. Die Zellen reichen nicht zu, wenn jeder Badegast eine solche für sich beansprucht, denn es ist nicht jedermanns Sache, sich in den offenen, allen Blicken zugänglichen Hallen aus- und anzukleiden. Einsenderin möchte sich daher erlauben, mitzuteilen, wie es in den Freiluftbädern Berlins gehandhabt wird. …“
Dieser großen Resonanz und den ständig steigenden Besucherzahlen im neuen Freibad unter der Burg konnte sich auch der Magistrat nicht entziehen. Der „Anzeiger“ berichtete in der gleichen Ausgabe von einer wichtigen Magistratssitzung, in der beschlossen wurde, die Wünsche der Badelustigen zu erfüllen und vor allem weitere Umkleidezellen zu schaffen.
Neben dem fröhlichen Badebetrieb und ständig steigenden Besucherzahlen – am Sonntag, dem 20. Juli 1925 wurden über 3000 Karten verkauft! – musste der „Anzeiger“ am 21. Juli 1925 auch über einen tragischen Unglücksfall berichten, bei dem ein 18-jähriger vom Herzschlag getroffen wurde und trotz über eine Stunde dauernder Wiederbelebungsversuche im Freibad verstarb. Nach diesem Unglücksfall sah sich die Stadtverwaltung veranlasst sofort ein Telefon im Bad einzurichten, damit künftig im Falle eines Unfalls schnellstens ein Arzt benachrichtigt werden kann.
Ein umgehendes Stadt-Gerücht, dass das Freibad nicht bakterienfrei sei, konnte durch ein Urteil der „Aschersleber Ärzte“ entkräftet werden, verbunden mit der Zusage für weitere ständige Kontrollen.
Am 4. August 1925 fand das erste Schwimmfest im neuen Freibad als „kreisoffenes Schwimmfest des Mtv. 1877 Aschersleben“ (Männerturnverein 1877, d.A.) statt. Eine Bilanz der ersten Saison im neuen Freibad unter der alten Burg zog der „Anzeiger“ in seiner Ausgabe vom 23. September 1925. Es wurde vermeldet, dass das Bad in der Zeit vom 4. Juli bis 9. September 1925 von über 43.600 Personen besucht worden war. In dieser Zahl waren die Besucher, die durch eine Familienkarte Zutritt hatten, nicht enthalten. Die Gesamteinnahmen in der ersten Freibad-Saison betrugen über 8400 Mark. Im Gegensatz zum eigentliches Eröffnungsjahr wurde ein Jahr später die Saison-Eröffnung des städtischen Freibades am Sonntag, den 2. Mai 1926 im „Anzeiger“ mit großen Anzeigen angekündigt und ausführlich darüber berichtet. 1928 erhielt das Freibad dann seinen ersten Sprungturm mit verschiedenen Absprunghöhen: einmal 5 Meter, zweimal 3 Meter und zweimal 1 Meter. Die Einweihung erfolgte am 3. Juni beim Fest des Arbeiter-Samariter-Bundes, wo auch Schwimmvereine ihre Sprungkünste zeigten.
Von Frank Reisberg
Veröffentlicht am: 29. April 2025